Bei der allmorgendlichen Lektüre über die Geschehnisse in Griechenland bin ich immer weiter zu Artikeln, Kommentaren und Berichten bzgl. der Finanzkrise und deren einhergehende Auswüchse vorgedrungen. Ich habe mit mir gehadert das Gelesene zu verlinken und ggf. einen Kommentar dazu abzugeben. Je mehr ich allerdings vorgedrungen bin, desto mehr ist in mir, sagen wir mal abgeschwächt, ein gewisser Unmut hochgestiegen.
Wer Zeit und Lust hat sich eine Lesestunde zu genehmigen, kann sich die Artikel mal durchlesen und sich seine eigene Meinung bilden.
Auslöser für mein Herumstochern im Netz war der heutige Beitrag im Griechenland-Blog mit der Überschrift “Investitionen oder Ausverkauf in Griechenland?”. Hier geht es um den angeblichen Ausverkauf des “nationalen Reichtums” an Investoren der Gläubigerländer. Speziell wird hier der Elektrizitätsversorger DEI genannt. Wie man dieses technisch marode Gebilde als nationalen Reichtum bezeichnen kann, entzieht sich allerdings meinem Verständnis. In einem Artikel, dessen Quelle mir leider entfallen ist, las ich, dass lange vor der Finanzkrise RWE an einer Beteiligung an der DEI interessiert gewesen wäre. Der Delegation von RWE wurde seinerzeit das modernste Vorzeigekraftwerk am Festland vorgeführt. Beim Anblick dieses Kraftwerks, das eher einem Schrottplatz ähnelte (so in dem Artikel), war dann für RWE die Beteiligung an DEI vom Tisch. Dieser “Reichtum” würde für den Investor eher ein Fass ohne Boden als eine lohnende Investition bedeuten.
Aber widmen wir uns wieder dem genannten Beitrag. Interessant ist vor allen Dingen der vom Griechenland-Blog übersetzte Kommentar des Chefredakteurs der Zeitung “Vradyni” Herrn Panos Kolokotronis. Dieser Herr wird uns mit seinen kruden, vor Nationalstolz triefenden Ergüssen noch öfter begegnen.
Konträr zu Vorstehendem sticht einem dann folgende Überschrift ins Auge “Griechenland hofft auf Investitionen aus Deutschland”. Ja wie hättet ihrs denn gerne liebe Griechen?
Weitergeklickt passt dann dieses recht gut “Die internationale Erniedrigung Griechenlands” und “Zeitzeichen – Griechenland wird aufgeteilt”. Auch hier besonders interessant die Meinung unseres Herrn Kolokotronis. Wirklich interessant sind allerdings die Leserkommentare hierzu. Und hier wird es noch besser “Griechenland-Krise, Faschismus und moderner Totalitarismus”. Wieder ein Kommentar aus der Zeitung “Vradyni”.
Was mich aber dazu brachte diese Stoffsammlung online zu stellen, ist mein Unmut über die Anmaßung der griechischen Justiz Mitarbeiter des FOKUS wegen dem Artikel “Betrüger in der Euro-Familie” und dem zugehörigen Titelbild bei dem die Aphrodite von Milos den Stinkefinger zeigt, zu verklagen. Gut, das Titelbild hat auch mir nicht gefallen und Populismus auf beiden Seiten passt nicht zum Ernst der Lage. Dass sich aber die griechische Justiz anschickt die Pressefreiheit in Deutschland in Frage zu stellen, finde ich schon ein starkes Stück. Der Prozess ist allerdings erneut vertagt worden.
Im Gegensatz zum “harmlosen” Stinkefinger machen mir andere Auswüchse in Griechenland mehr Sorgen. Dort wird mittlerweile unverhohlen das europäische Sternenbanner auf Demos in der Mitte mit einem Hakenkreuz versehen, an die deutsche Botschaft in Athen wird ein Hakenkreuz geschmiert und Merkel wird als Nazi bezeichnet. Wo bleibt bitte da die griechische Gerichtsbarkeit? Denn das Auspacken der Nazikeule hat doch eine etwas andere Qualität als ein gezeichneter Stinkefinger an einer einarmigen alten Statue. Hierzu in der “Welt-Online” “Die Deutschen saugen unser Blut aus”.
Über was stolpert man dann noch alles? Pfründe sichern, Pfründe sichern! “Griechische Kirche protestiert gegen Besteuerung ihrer Immobilien”, “Taxi-Streik”, “Anwälte in Griechenland streiken gegen Liberalisierung des Berufsstands” – hier kam mir besonders der letzte Absatz sehr bekannt vor.
Fazit: Um natürlich, wie als Deutscher gewohnt, politisch korrekt zu bleiben, spiegeln die verlinkten Artikel, Kommentare und Verhaltensweisen nicht die Meinung des ganzen griechischen Volkes wider. So oder so ähnlich sind die Meinungen aber auch schon persönlich an meine Ohren gedrungen. Der Grieche als Individuum sieht sich auf jeden Fall an der ganzen Misere unschuldig. Was mir allerdings ernsthafte Sorgen bereitet ist, dass durch den übertriebenen Nationalstolz fast aller Griechen, für alles, von der Korruption bis zur Umweltverschmutzung, von der Vetternwirtschaft bis eben zur Finanzkrise irgendein anderes Land verantwortlich zeichnet nur nicht Griechenland selbst. Solange sich dieses Gedankengut nicht ändert, wird sich nichts im Land ändern, aber rein gar nichts.
Aber - “Ti na kanoume?”